4-Tage-Woche: Traum oder Realität?
In den letzten Jahren hat die 4-Tage-Woche weltweit an Aufmerksamkeit gewonnen. Immer wieder werden Forderungen nach tieferen Arbeitszeiten laut und das Thema wird auch in den Medien gerne diskutiert. Auf Linkedin ploppen «vorbildliche» Unternehmen auf, die stolz berichten, dass bei ihnen neu nur noch vier Tage gearbeitet wird, und die Community applaudiert mit Likes. Dabei gehen die Meinungen über eine 4-Tage-Woche hierzulande mindestens so stark auseinander, wie das Verständnis davon, wie dieses Arbeitsmodell überhaupt gehandhabt werden soll.
In diesem Beitrag teilen wir unsere Gedanken dazu, fassen zusammen, welche Modelle es gibt und was zum Gelingen einer 4-Tage-Woche beitragen kann.
Warum denn überhaupt weniger arbeiten?
Kurz: Um die Gesundheit der Mitarbeitenden zu verbessern und die Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit zu fördern1. Aus Sicht des Employer Brandings kann dieses Arbeitsmodell zudem einen attraktiven Job-Benefit gegenüber der Gen Z und Y bedeuten2. Und sind wir ehrlich, nicht nur die jüngsten Generationen, die meisten von uns können sich vorstellen, weniger zu arbeiten.
Was auf den ersten Blick ganz gut und verlockend tönt, wirft beim genauen Darübernachdenken viele Fragen auf. Die Umstellung auf ein neues Arbeitsmodell bedeutet nicht nur die Änderung im Arbeitsvertrag. Es bedeutet auch eine Neugestaltung der Arbeitskultur, und der Prozesse und der Zusammenarbeit. Die 4-Tage-Woche überstürzt, als Employer-Branding-Massnahme einzuführen, ist nicht zu empfehlen.
Arbeitstage oder Arbeitszeit reduzieren?
Regeln oder Vorgaben, wie eine 4-Tage-Woche gehandhabt werden soll, gibt es nicht. Auf Gesetzesebene werden Arbeitsmodelle wie die 4-Tage-Woche einen schweren Stand haben und auch für die Reduktion von Arbeitszeiten gibt es keine Zauberformel. Das Gesetz kann lediglich die Rahmenbedingungen festlegen. Den Spielraum, der übrig bleibt, gilt es als Unternehmen bewusst zu nutzen, damit sowohl Arbeitnehmende als auch das Unternehmen davon profitieren.
Folgende 4-Tage-Wochen sind uns bislang in den Medien und auf LinkedIn aufgefallen. Meist mit vielen Likes, selten mit Erfahrungsbericht über eine längere Zeitdauer. Wir unterteilen diese in folgende 4 Modelle:
- pragmatisch vollgepackt
Die Wochenarbeitszeit wird auf 4 statt 5 Tage verteilt. Die Arbeitnehmenden haben einen Tag mehr zur Erholung und erhalten 100% Lohn. Bedeutet jedoch längere Arbeitstage von rund 10h. Bei einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden machbar. Schade nur, wenn die Mitarbeitenden den zusätzlichen freien Tag anschliessend brauchen, um sich von den 4 langen Arbeitstagen zu erholen. - grosszügig fordernd
Die Wochenarbeitszeit wird tatsächlich um 20% reduziert und die Arbeitnehmenden arbeiten einen Tag weniger bei gleichem Lohn. Entsprechend wird von den Arbeitnehmenden höhere Produktivität erwartet. Die Mitarbeitenden müssen weniger arbeiten, stehen jedoch vor der Frage, wie sie künftig in 4 Tagen gleich viel erledigen sollen, wie vorher in 5 Tagen, was zu neuem Stress führen kann. - vorsichtig fair
Die Wochenarbeitszeit wird bei gleichem Lohn leicht reduziert (z.B. auf 36h) und auf 4 Tage verteilt. Mitarbeitende werden so nicht mit allzu langen und vollgepackten Arbeitstagen belastet und erhalten mehr Freizeit als Gegenleistung für die Zeit, in der sie bestenfalls dann auch produktiver arbeiten. - pragmatisch reduziert
4-Tage-Woche leicht gemacht: Den Arbeitnehmenden steht frei, ihr Pensum auf 80% zu reduzieren. Die Arbeitstage werden so nicht länger. Für den zusätzlichen freien Tag wird seitens Arbeitnehmende:r auf 20% Lohn verzichtet. Pragmatische Lösung im Sinne einer 80% Anstellung. Perfekt, wenn man sich’s als Arbeitnehmende:r leisten kann.
Welches und ob überhaupt eines dieser Modelle das Richtige ist, kommt sowohl auf das Unternehmen als auch auf die Lebenspläne der Arbeitnehmenden an. Nicht alle Mitarbeitenden möchten nur 80% arbeiten. Das zum einen, weil sie auf 100% ihres Lohnes angewiesen sind oder aber auch, weil sie die Arbeit lieber in gesundem Masse auf 5 Tage verteilt haben. Hinzu kommt, dass sich nicht jede Arbeit dazu eignet, sie schneller zu erledigen.
In Jobs, die darauf ausgelegt sind, dass sie nur mit Anwesenheit funktionieren und die zeitabhängig sind, beispielsweise im Verkehrswesen, ist eine Steigerung der Produktivität durch Arbeitszeitverkürzung unmöglich. Eine Reduktion der Wochenarbeitszeit bei gleichem Lohn, würde in diesem Fall für ein Unternehmen Lohnkosten bedeuten für Arbeit, die offensichtlich nicht erledigt werden kann.
Unternehmen sind darum gefordert, die Situation realistisch zu betrachten, abzuwägen was möglich ist, bestenfalls auch im Dialog mit den Arbeitnehmenden, um im gesetzlichen Rahmen ein attraktives und gesundes Arbeitsmodell zu definieren.
Stress-, Pausen und Fokusmanagement
Bevor man sich als Unternehmen auf eine 4-Tage-Woche einlässt oder eines dieser Modelle zu testen beginnt, gilt es die Vor- und Nachteile für alle Arbeitnehmenden, wie auch für das Unternehmen zu betrachten. Führungskräfte, als auch Mitarbeitende sind gefordert, sich darauf vorzubereiten. Sei es, um den Energiehaushalt bei längeren Arbeitstagen im Griff zu haben oder um die Effizienz während der kürzeren Arbeitszeit zu steigern.
Eine Schlüsselrolle spielt hier das «Stress-, Pausen und Fokusmanagement». Mit klarem Fokus können sich Mitarbeitende auf die wichtigsten Aufgaben des Tages konzentrieren, Prioritäten richtig setzen und Zeitverschwendung durch unnötige Ablenkung oder unwichtige Tätigkeiten minimieren. Auch Pausen spielen eine wichtige Rolle in einem produktiven Arbeitstag. Mitarbeitende sind weniger gestresst und können sich intensiver mit einzelnen Projekten beschäftigen.
Mögliche Massnahmen, um den Arbeitsalltag effizienter zu gestalten:
- Fokuszeit definieren: Täglich zu denselben zwei Stunden werden keine Anrufe entgegengenommen, keine Meetings und Zwischengespräche abgehalten und auch keine Mails oder Handybenachrichtungen geprüft. So können sich die Mitarbeitenden voll und ganz auf ihre Aufgabe konzentrieren und erreichen im besten Fall sogar einen Flow-ähnlichen Zustand.
- Tasks priorisieren: Arbeiten, welche die volle Aufmerksamkeit brauchen, werden in die Fokuszeit eingeplant. Was ungern aber schnell erledigt ist, bekommt erste Priorität. Alles andere wird nach Wichtigkeit sortiert.
- Pausen machen: In unserer Leistungsgesellschaft werden Pausen leider noch viel zu oft wegoptimiert. Aber schon ein paar Minuten achtsam tief durchatmen oder kurz an die frische Luft gehen versorgt das Gehirn mit neuem Sauerstoff.
- Zusammenarbeit optimieren: Ein Team-Meeting am Montagmorgen sorgt für einen gemeinsamen Fokus, Monats-Meetings verschaffen Weitblick und Klarheit. Ein kurzes Check-In zum Wochenstart hilft die vergangene Woche zu reflektieren und Learnings für die Zukunft zu ziehen.
Massnahmen, die zu deinem Unternehmen, deinem Team und deiner Tätigkeit passen, gilt es individuell zu erarbeiten. Wir unterstützen dich gerne dabei.
Fokusmanagement für dein Unternehmen
Egal ob ihr eine 4-Tage-Woche einführen oder einfach euren Arbeitstag effizienter gestalten und die tägliche Arbeitszeit reduzieren möchtet. In unserem Tagesworkshop «Stress-, Pausen- & Fokusmanagement» zeigen wir den Mitarbeitenden in deinem Unternehmen, wie sie Stressoren und Ablenkungen in ihrem Lebens- und Arbeitsalltag erkennen und eliminieren können. Zudem lernen sie verschiedene Techniken zur Umsetzung eines gesunden Fokusmanagements.
Kontaktiere uns unverbindlich. Wir freuen uns darauf, euch bei eurem Weg zu einem stressfreien Arbeitsumfeld zu unterstützen.
Aktuelle Beiträge zum Thema:
- NZZ, 23.03.2024: Weniger Arbeit bei vollem Lohn: Ein Architekt und ein Hotelier erzählen, warum sich die Viertagewoche für ihren Betrieb lohnt
- NZZ, 23.03.2024: Die Viertagewoche wird sich in der Schweiz kaum durchsetzen
- SRF, 03.04.2024: Vier Tage arbeiten bei vollem Lohn – funktioniert das doch nicht?
Quellen:
- Donati M. (2023). Wir müssen anders arbeiten. Abgerufen am 22.1.24 unter www.angestellte.ch
- Unser E. (o.D.). Vier-Tage-Woche: ein Arbeitsmodell der Zukunft? (Teil 1). Abgerufen am 22.1.24 unter www.kfmv.ch